Unser Anliegen

Was wollen wir?

Anliegen und Zielsetzung der Stiftung ist die Entwicklungsförderung von blinden und sehbehinderten und anderen sensorisch förderungsbedürftigen Kindern. Der Schwerpunkt der Arbeit, die von der Stiftung unterstützt wird, liegt dabei in der Förderung der motorischen Entwicklung.

Diese Aufgabe ergibt sich aus der Lebenswelt der Kinder.

Ihr Sich-Bewegen ist durch fehlende und schlechte Erfahrungen sowie Verletzungen in der Regel angstbehaftet und oft stark eingeschränkt. Geringe Bewegungsaktivität wiederum hat zur Folge, daß zu geringe sensorische Stimulation entsteht und damit zu wenig Handlungsanreize wahrgenommen werden. Die Folge ist eine zunehmende Inaktivität und damit auch eine Einschränkung im Aufbau sozialer Beziehungen.

Um diesen Teufelskreis, in dem sich zum Beispiel eine Vielzahl geburtsblinder und sehbehinderter Kinder befinden, zu durchbrechen, ist eine gezielte Bewegungsförderung notwendig, mit dem besonderen Ziel, den sie umgebenden Raum zu erfassen und ihn sich als einen Aktionsraum und einen Raum der Handlungsmöglichkeiten anzueignen.

Für uns liegt der Schlüssel für eine allgemeine Entwicklungsförderung gerade in der Motorik: Wir können mit anderen darüber sprechen, dass ein Ball rund ist oder ein Ding klein, dieses Wissen haben wir scheinbar selbstverständlich mit dem Erlernen der Sprache erworben. Das blinde Kind muss aber viel mehr als wir erst in vielfältiger Weise mit einem Gegenstand umgehen (rollen, drücken, werfen) und ihn hinsichtlich seiner Möglichkeiten mit anderen Dingen vergleichen, um in Begriffen wie rund oder klein kommunizieren zu können.

Diese überaus wichtige Erfahrung wird durch zu geringe Bewegungsaktivität stark eingeschränkt. Die Folge fehlender Umgangserfahrung mit Objekten und dem umgebenden Raum sind häufig Kommunikationsarmut, Unselbständigkeit und ein geringes Selbstwertgefühl. Daher ist es besonders im Hinblick auf ihre Zukunft für insbesondere mehrfachbehinderte Kinder lebenswichtig, ihre Umwelt mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln für sich begreifen zu lernen. So werden Voraussetzungen geschaffen, mit denen sie kreativ handeln und vielfältig kommunizieren können. Ein sehgeschädigtes Kind, das in seiner Entwicklung zurückbleibt und das dadurch nicht die Möglichkeit hat, sich zu einer selbständigen weitgehend unabhängigen Persönlichkeit zu entwickeln – vollständig unabhängig werden blinde Menschen in unserer schnelllebigen, sehr visuellen Welt nie sein können – ist auch potentiell ein vom Gemeinwesen und von Hilfsorganisationen abhängiges Gesellschaftsmitglied. Dies ist weder vom Hilfsbedürftigen selbst, noch von der Gesellschaft als ein erstrebenswertes, lohnendes Ziel anzusehen.

Daher gilt es einer gebremsten Entwicklung möglichst frühzeitig vorzubeugen. Dies sollte schon im vorschulischen, dann aber spätestens im schulischen Bereich geschehen.

 

Das Förderkonzept

Unsere Arbeit wird aus einem dialektischen Konzept über den Zusammenhang von Wahrnehmung und Bewegung abgeleitet. Grundlage sind verschiedene wahrnehmungs- und handlungspsychologische Theorien wie z.B. die Gestaltkreislehre nach v. WEIZSÄCKER, die Ökologische Psychologie nach GIBSON oder die Phänomenologie nach MERLEAU-PONTY.

Danach besteht die Wahrnehmungswelt aus Angeboten, die sich relativ zu den Handlungsmöglichkeiten des Individuums erschließen. Das bedeutet z.B.: nur wenn man gelernt hat zu klettern, bietet ein Felsen oder ein Stahlgerüst eine attraktive Bewegungsmöglichkeit an, ansonsten sind sie lediglich Hindernisse.

Ebenso kann eine weiche Matte oder ein Trampolin nur dann positive Bewegungserlebnisse ermöglichen, wenn das Gleichgewicht geschult ist, andernfalls werden diese Gegenstände als ‚wackelig‘ und ‚gefährdend‘ wahrgenommen. Gleiches gilt für das Erlernen von Bewegungen im Wasser oder für das Musizieren. Es ist also notwendig insbesondere bewegungseingeschränkten Kindern Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die ihnen eine immer reichhaltiger werdende Wahrnehmungswelt erschließen. Damit wird der für diese Kinder so typische “Teufelskreis“ von Inaktivität und fehlender Stimulation in eine sich positiv entwickelnde Spirale umgekehrt: Neue Handlungsmöglichkeiten führen zu einem Zuwachs an Wahrnehmungseindrücken, die wiederum neue Handlungsanreize darstellen, wieder neue Wahrnehmungsreize hervorbringen usw.

Auf der Grundlage neuester Befunde der Bewegungsforschung basiert unsere Arbeit auf der banal erscheinenden Grundlage, dass Lernen ohne Bewegung nicht möglich ist. Wir wollen mehr als einfach nur Bewegung und mehr als verkopftes Lernen ermöglichen. Dazu müssen bestmögliche Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Kinder in einer ruhigen und angenehmen Atmosphäre Zeit bekommen, sich selbst zu entwickeln. Sie sollen unter Anleitung eigene Bewegungserfahrungen und notwendige Anregungen sammeln können, diese reflektieren, wiederholen und üben können. Dort erlangen sie Kompetenzen, die ihnen Wege eröffnen und die Chance geben, auf Erfahrungen aufzubauen.